18TH CENTURY

Haar und Frisur im Rokoko

 

Oft wird mir die Frage gestellt, was für Frisuren geeignet wären, ob eine Perücke nötig ist, womit man sie pudert etc. Ein Teil der Fragen (zumindest für Frauen) ist auf einer anderen Seite beantwortet, aber die Quelle dafür ist nicht zeitgenössisch und daher nur mit Vorsicht zu genießen. Ein gutes Beispiel dafür ist die sog. "Pompadour-Frisur", die man aber an Mme Pompadour ebensowenig gesehen hat wie den nach ihr benannten Handgelenksbeutel.

Dichtung und Wahrheit

Über den Kopfputz des Rokokos sind womöglich mehr Halbwahrheiten und maßlose Übertreibungen verbreitet als über jeden anderen Aspekt der Mode dieser Zeit. Da gibt es Geschichten über Fontangen, die viermal so hoch wie der Kopf waren (z.B. v. Sydow, 1880), daß die Damen aufrecht schliefen, um die Frisur zu schonen, oder über turmhohe Aufbauten, in denen Mäuse nisteten, weil das Haar – wiederum zur Schonung der Frisur – über längere Zeit weder gekämmt noch gewaschen worden war. Für all diese Geschichten gilt:

"In bunten Bildern wenig Klarheit,
viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit"
(Goethe: Faust I, Vorspiel auf dem Theater)

Natürlich kolportieren die einschlägigen Sekundärquellen gern solche Geschichten, weil sie, wie der Theaterdirektor im obigen Zitat, das Publikum durch unterhaltende Anekdoten bei der Stange halten wollen - und versäumen dabei, zu erwähnen, daß es eben nur Anekdoten sind: Einzelfälle, die nur deswegen überliefert wurden, weil sie schon zur Zeit ihrer Entstehung ungewöhnlich genug waren, um aufgeschrieben zu werden. Wie bei der Flüsterpost wird dann von Autor zu Autor gekürzt und aufgebauscht, bis die Anekdote als verbürgte Wahrheit erscheint, ja als typisch für die Epoche. Da das 19. Jh. sich gern darin gefiel, besser zu sein als das vorige, bauschte es diese Anekdoten gern noch weiter auf, und wer weiß - vielleicht erfand es auch ein paar. Viele dieser Anekdoten sind nicht durch Quellenangaben belegt, was für die Wissenschaftsauffassung des 19. Jh. nicht ungewöhnlich ist - aber es sollte zum Mißtrauen anregen.

So waren die Fontangen um 1700 herum tatsächlich recht hoch, aber "viermal Kopflänge" würde eine Höhe von ca. einem Meter bedeuten - eine Übertreibung, die man nur in karikierenden Theaterdarstellungen findet. Man darf nicht vergessen, daß Kritiker auch früher schon gern übertrieben. Sie behaupteten zuweilen auch, daß Frauen "mit entblößter Brust" einhergingen, aber wer glaubt schon ernsthaft, daß sie wirklich im heutigen Sinne barbusig waren? (Dekolleté bis zum Bauchnabel, kommt das jemandem bekannt vor?) Mäuse in der Frisur könnten, eingedenk der schreckhaften Natur dieser Tierchen, wohl nur jemandem passieren, der mehrere Tage und Nächte durchschläft und obendrein einen gesegnet ruhigen Schlaf hat. Wahrscheinlich hat eher zwischen 1770 und 1790 eine Dame eine Perücke (mit leckerem Weizen- oder Kartoffelmehl gepudert) in der Ecke des Ankleidezimmers abgestellt, erst Wochen später wieder hingeschaut – und war tagelang das Gespött des Hofes.

Was das aufrecht schlafen betrifft: Das könnte auch mit weit verbreiteten Lungenproblemen wegen ungedämmter, zugiger, vielleicht schimmeliger Häuser zu tun gehabt haben. Wer schon mal mit einer Erkältung schlafengegangen ist, hat vielleicht bemerkt, daß sich in der Horizontalen plötzlich Hustenanfälle einstellen. Vielleicht ist es aber auch bloß eine Frage der Tradition, denn selbst Bauernbetten der Zeit sind für Personen von 160 cm (was im 18. Jh. für eine Frau normal, für einen Mann ziemlich klein wäre) oft zu kurz. Sollten auch Bauern die Frisur geschont haben? Wohl kaum. Das hierzulande noch übliche Kissenmaß von 80x80 cm ist für jemanden, der gern flach schläft, absolut ungeeignet und nur durch eine Tradition des schlafens in einer mehr oder minder sitzenden Haltung erklärbar.

Frauenfrisuren

Im Gegensatz zu dem schiefen Bild, das viele Sekundärquellen verbreiten, waren Frauenfrisuren den größten Teil des Jahrhunderts lang ziemlich harmlos. Ganz am Anfang, bis ca. 1710, wurden noch Fontangen (siehe links) mit hoch aufgetürmtem Vorderhaar getragen, aber die wurden ab 1700 immer niedriger, bis sie schließlich ganz verschwanden und von kopfnahen Frisuren abgelöst wurden, unter denen sich sogar schafwollockige Kurzhaarfrisuren (à la mouton) befinden. Mme Pompadour ist auf den meisten Darstellungen - darunter das berühmte grüne Portrait - mit einem im Nacken ansetzenden, den Hinterkopf hochgezogenen Zopf und sich um die Stirn ringelnden, mäßig langen Locken zu sehen. Diese Frisur findet sich auch auf anderen Darstellungen der Zeit (siehe rechts; durch Anklicken vergrößerbar). Also ganz und gar keine Turmbaufrisur, wie sie dem Rokoko so gern zugeschrieben wird. Unten ein paar Beispiele für typische Frisuren der 1740er bis 1760er.

 

Erst ab ca. 1770, als das Rokoko sich dem Ende zuneigt, wurden die Frisuren höher und voluminöser, so daß Haarteile und Drahtgestelle nötig wurden. Bis dahin war es normalerweise für Frauen völlig unnötig, Perücken zu tragen, weil gesellschaftliche Konventionen sowieso langes Haar verlangten. Die bis in die 70er üblichen Frisuren ließen sich damit problemlos realisieren. Die Turmbauten der 1770er/80er verlangten mehr, als die Natur und geschickte Friseure im Verein zu leisten vermochten: Haarteile wurden nötig. Man kann sich denken, daß, wer es sich leisten konnte (bzw. wegen des höfischen Zwangs mußte), wöchentlich oder täglich den Friseur einbestellte, während andere sich alle paar Monate die Perücke neu machen ließen und sie ein- oder zweimal im Monat aufsetzten.

Das berühmte Schiff unter Segeln gab es offenbar wirklich: Diese Anekdote wird von mehreren zeitgenössischen Quellen gestützt, wie der Kupferstich links* zeigt. Die Frisur wurde kreiert, um den Sieg des Schiffes "Belle poule" in irgendeiner Schlacht zu feiern. Es ist davon auszugehen, daß diese Frisur ein paar Wochen oder - weitab des Hofes, wohin Briefe Wochen brauchten - Monate lang en vogue war, bis sie den Reiz den Neuen verloren hatte.

Daß solche Frisuren dennoch so breiten Raum in der Literatur einnehmen, ist vielleicht zum Teil ihrem Unterhaltungswert geschuldet (man fühlt sich ja so gern vergangenen Zeiten überlegen), vor allem aber wahrscheinlich der Tatsache, daß so viele zeitgenössische Abbildungen davon überliefert sind, die sich dem Autor eines Modebuchs geradezu aufdrängen. Man muß ja, wenn man ein solches Buch schreibt, auch passende Abbildungen beibrigen. Daß die meisten dieser Abbildungen Karikaturen sind, wird dabei in Kauf genommen. Und wann findet man Karikaturen? Wenn die Mode besondere Blüten treibt. Als die Frisuren zwischen 1720 und1770 unspektakulär waren, gab es auffälligerweise keine Karikaturen zum Thema**.

Ich begehe nun ganz bewußt denselben Fehler wie die übliche Kostümliteratur, indem ich den Turmbaufrisuren der 1770er mehr Platz einräume als den anderen und eine kleine Auswahl zeitgenössischer Bilder zeige. Eine kleine Auswahl, wohlgemerkt. Die Lewis Walpole Library der Yale University, eine wahre Fundgrube für historische Karikaturen (wo ich auch die folgenden Bilder gefunden habe), enthält ein Vielfaches - und alle, alle stammen aus den mittleren 1770ern, repräsentieren also nur ca. 5-8 Jahre. Um das Ganze auf den Boden der Realität zurückzuholen, stelle ich in der unteren Zeile einige Abbildungen aus der gleichen Zeit und Quelle dagegen, die zwar auch meist Karikaturen sind, aber nicht die Frisur zum Thema haben. Die Differenz zwischen Übertreibung und Realität bedarf wohl keines Kommentars.

Puder scheinen die Damen anfangs nur spärlich verwendet zu haben, ab 1750 aber immer öfter. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß sie zunächst eher das eigene Haar trugen, auf dessen Länge, Feinheit und Glanz sie sich etwas einbildeten. Mit dem zunehmenden Einsatz von Haarteilen und Perücken gewann das Pudern den Vorteil, daß es eventuelle Farbunterschiede zwischen dem Eigenhaar und den Haarteilen kaschierte und bei jenen, die eine Frisur tatsächlich über Tage hinweg aufrechterhielten - das mag es durchaus gegeben haben - überschüssiges Fett aufsog.

Männerfrisuren

Es ist wahr, daß Männer meist Perücken trugen, schon allein weil sehr viele davon ab einem gewissen Alter zum "breiten Scheitel" (d.h. zur Platte) neigen und somit nicht mehr die modischen Frisuren tragen konnten. Auffälligerweise taucht blanke Kopfhaut in Abbildungen nur dann auf, wenn ein Herr im Hausmantel mal keine Hausmütze aufhat, und in diesen Fällen ist die Glatze so vollständig, daß ein Rasiermesser im Spiel gewesen sein muß. Wenn man bedenkt, daß eine Perücke gerade bei warmem Wetter recht unbequem werden kann, leuchtet es ein, daß diejenigen, die der Mode wegen Perücken tragen mußten, mit dem sowieso nutzlosen Eigenhaar kurzen Prozeß machten.

 

Die Extreme der Männerfrisuren fallen mit denen der Frauenfrisuren ungefähr zusammen: Um 1710 herum geraten die lockigen, lang herabfallenden Allongeperücken ebenso aus der Mode wie die Fontangen. Danach sind die Frisuren nah am Kopf: Bis auf ein paar lässig wirkende Locken um das Gesicht herum verschwindet der Großteil des Haars (ob eigenes oder Perücke) glatt nach hinten gebürstet in einem schwarzen Taftbeutel, der Bourse. Kurz vor der Mitte des Jahrhunderts kommt unter dem Eindruck des preußischen Militärs - genauer gesagt, wegen allgemeiner Bewunderung für den noch jungen Alten Fritz - der mit schwarzem Band umwickelte Zopf in Mode und existiert bis um 1780 herum als vorherrschende Frisur neben der Bourse. Daß mehrere Perückenformen nebeneinanderher existierten, illustriert die Abbildung links, die aus England in den den 1750ern stammt: Wir sehen rechts einen preußischen Zopf, links daneben eine Allonge, links unten eine "Bürgerperücke" (die bürgerliche Variante der Allonge, wie man sie v.a. von J. S. Bach kennt) und ganz links die Bourse.

MacaroniIm England der 1770er machen sich Karikaturen über die sogenannten Macaronis (Vorläufer der Incroyables und Dandys, d.h. extreme Stutzer) lustig, deren Frisuren sich über der Stirn hoch auftürmen und hinten in einem langen, steifen, umwickelten Zopf enden (Abb. rechts). Standardwarnung: Stutzer sind extreme Figuren, die auf keinen Fall mit der allgemein vorherrschenden Mode verwechselt werden sollten.

Perücken waren - wie bei den Frauen - tendenziell eher gepudert als Eigenhaar, d.h. bei Männern weit verbreitet. Wenn man sich vor Augen hält, daß der Puder mit Hilfe fettiger Pomaden dazu gebracht wurde, auf dem Haar zu haften (nachzulesen bei Trommsdorff, s.u.), ist es nur folgerichtig, daß das lange Haar im Nacken nicht lose herunterhing, sondern in einen Beutel gesteckt oder mit Band umwickelt wurde: Wer einmal gesehen hat, was Hautfett allein an einem Hemdkragen anrichten kann, wird das der Außenseite eines nicht waschbaren seidenen Anzugs ersparen wollen. Im Modemuseum Ludwigsburg ist ein Justaucorps ausgestellt, dessen Nackenpartie von Pomade und Puder verfärbt und zerfressen ist.

Die heute als typisch empfundene Frisur mit zwei bis vier Rollmopslöckchen über dem Ohr ist der Spätzeit ab ca. 1760 vorbehalten und kann mit der Bourse ebenso kombiniert werden wie mit dem Zopf. Erst ab ca. 1770 und nur für relativ kurze Zeit entwickeln die Männerperücken eine Tendenz zum Turmbau - auch wieder etwas gleichzeitig mit den Frauenfrisuren.

Haarpflege

Über die Haarhygiene ist sehr wenig bekannt. Meine Hauptquelle in Sachen Kosmetika (Trommsdorff, 1805), wiewohl sonst sehr umfassend, erwähnt kein einziges Rezept für Shampoo oder ähnliches. Wahrscheinlich wurde (wie noch Anfang des 20. Jahrhunderts) zur Haarwäsche ganz normale Seife benutzt. Dadurch werden die Haare sehr strohig und klebrig, da die Seife basisch ist (pH >8), Haut und Haare im Naturzustand aber eher sauer (pH 5,7) sind. Von Oma kenne ich als Gegenmittel Spülungen mit Essig oder Zitronensaft. Trommsdorff erwähnt ziemlich viele Rezepte für wohlriechende Essige, also liegt es nahe, daß diese zum nachsäuern der Haare verwendet wurden, denn die einzige andere Anwendungsmöglichkeit - für die Haut - rechtfertigt m.E. allein noch nicht diese Vielfalt an Rezepten (immerhin 15 Seiten gegenüber nur 3 Seiten Hautcremes.)

Es ist durchaus wahrscheinlich, daß die Haare seltener gewaschen wurden als heute, und auch dann oft nur mit Wasser, ohne die Strohigkeit verursachende Seife. Dadurch blieb das natürliche Haarfett erhalten und sorgte für den erwünschten Glanz. Aus Selbstversuchen, bei denen die Haare über Monate oder gar Jahre hinweg nur mit Wasser gewaschen wurden, wird berichtet, daß die Haare zunächst das allbekannte strähnig-fettige Aussehen annahmen, nach einer Weile aber immer weniger nachfetteten und – durch das durch tägliches Bürsten verteilte Eigenfett – sehr glänzend und geschmeidig wurden, ohne fettig auszusehen. Dem "Aroma", sofern sich denn überhaupt eines entwickelte, konnte durch Parfüm entgegengewirkt werden.

Noch um 1880 (v. Sydow) scheint man gern Pomaden verwendet zu haben, um das Haar glänzend zu machen, was aber jenem Toilettenbrevier zufolge nur dann nötig war, wenn man das Haar relativ oft mit Seife wusch. Laut Trommsdorff sind einige der von ihm genannten Pomadenrezepte für das Haar ebenso geeignet wie für die Haut, so daß ich hier auf spezielle Rezepte verzichte und stattdessen auf meine Kosmetikseiten verweise. Das dort genannte Grundrezept läßt sich leicht durch Zugabe dieser oder jener Duft- und Wirkstoffe variieren.

Haarpuder

Entgegen dem verbreiteten Klischee waren weder Eigenhaar noch Perücken immer gepudert. Vor allem waren Perücken eher nicht, wie man es heute oft sieht, aus weißem Haar gefertigt***: Eine richtig gute Perücke war aus Menschenhaar, und wieviele weißhaarige (nicht gelb- oder grauhhaarige!) Omis mit langem Haar waren wohl bereit, das ihre zu verkaufen? Eher noch fanden sich junge Frauen, die aus Not ihr Haar verkauften, das dann alle möglichen Farben hatte. Ergo müssen die guten Perücken aus naturfarbigem Haar gefertigt worden sein. Schlechtere Perücken waren aus Tierhaar (Büffel oder Pferd), das es sicher auch in Weiß gab. Auch wenn weiß, grau und blond die modischen Farben waren, sticht doch eine in Naturfarbe belassene, ungepuderte Perücke bei historischen Veranstaltungen heute so angenehm vom Einerlei der von Haus aus weißen Büffelhaar- oder Nylonperücken ab, daß ich vom Puder abraten würde, wäre es nicht so verbreitet gewesen.

Anders als im Klischee war der Puder nicht immer weiß, sondern ebensooft grau oder blond. Selbst für rötliches Puder wurde mir ein zeitgenössisches Rezept zugetragen, das ich aber nicht mehr finde. Tommsdorff zufolge besteht Poudre aus Stärke (also Kartoffel- oder Reismehl), ggf. Pigmenten und wohlriechenden Ölen. Zedlers Lexicon (1741) zufolge wurde auch Weizenmehl sehr häufig verwendet, denn es kritisiert die Verschwendung desselben für Puder anstatt zur Nahrung.

Tips für Historische Darstellung

Perücken aus nicht-synthetischem Haar, die obendrein historisch korrekt frisiert sind, gibt es selten. Die bessere Alternative ist, sich relativ günstig eine langhaarige, aber unfrisierte Büffel- oder Menschenhaar-Perücke zuzulegen und dann einen Friseur zu finden, der aufgeschlossen genug ist, anhand von Bildmaterial die gewünschte Frisur zu zaubern. Gerade im Fall der aufwendigen 1770er-Turmbau-Frisuren ist das selbst für Leute mit ausreichend langen Haaren ökonomisch sinnvoll, da eine Perücke bei pfleglicher Behandlung fünf-, sechsmal benutzt werden kann, bevor sie neu frisiert werden muß, während das Eigenhaar jedesmal neu frisiert werden müßte. Ich rate zu einer Echthaarperücke in der eigenen Haarfarbe, weil das am natürlichsten aussieht.

Das Puder haftet nur, wenn eine gewisse Fettschicht vorhanden ist, ob aus kopfhauteigenem Fett oder Pomade. Mit den authentischen Methoden, die uns zur Verfügung stehen, ist meist nur eine relativ ungleichmäßge Puderverteilung erreichbar, und da unsereins die Perücke vielleicht zwei- oder dreimal im Jahr braucht, stellt sich die Frage des Schlechtwerdens der Zutaten (z.B. ranziges Fett) auf der kostbaren Perücke - mitsamt der Gefahr, die o.g. Mäuseanekdote nachzuspielen. Für diejenigen, die weißen Puder möchten, gibt es gottlob eine gute Alternative: Trockenshampoo. Es besteht aus nicht viel mehr als Reismehl und Duftstoffen und kommt in Spraydosen daher, so daß eine gleichmäßige Verteilung gewährleistet ist.

Für die Unterpolsterungen werden Knäuel aus Kunsthaar angeboten, aber es ist billiger und garantiert die richtige Farbe, wenn man die eigenen Haare aus der Bürste sammelt. Je länger man die Haare in der Bürste läßt, desto besser verfilzen sie sich zu einer Matte, aus der man alle möglichen Polster formen kann. Es mag anfangs etwas eklig erscheinen, die Haare so lange in der Bürste zu sammeln, aber warum sollten ausgefalleneHaare ekliger sein als die auf dem Kopf? Genauso sauber sind sie doch auch. Wenn man an so einem Büschel schnüffelt, riecht es vor allem nach Shampoo (es sei denn, man nimmt es mit der Haarpflege etwas lax). Solche Eigenhaar-Polster sind natürlich besonders dann sinnvoll, wenn man Turmbauten aus dem eigenen Haar machen will: Nur, wenn ein Kunsthaar-Polster wegen seiner abweichenden Farbe auffällt, muß man die Haare pudern.

 

*) Turmbaufrisur 1 und 2 sowie die Fontange sind der Enzyklopädie von Krünitz (um 1773-1800) entnommen; das Farbbild entstand im Museum der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Die anderen Bilder stammen aus der Lewis Walpole Library.
**) Die Lewis Walpole Library hat eine sehr große, online abrufbare Sammlung von Karikaturen, wo sich das sehr schön ablesen läßt, wenn man - wie ich - den gesamten Bestand von 1700 bis 1800 durchforstet.
***) Ich schreibe mit Absicht "eher nicht", denn es gibt erhaltene weiße (naja, cremefarbene) Perücken. Hoffentlich hat das Museum sich auch wirklich korrekt ins18. Jh. datiert.