Herstellung eines Manteau

Teil 5: Anprobe und Zusammensetzen

 

Wenn Du den Stoff - ohne Futter - vorsichtig von der Puppe abgenommen hast, hefte zuerst die Faltenbrüche fest. Achte darauf, daß Du auf Höhe des Taillenknicks mit dem Heften aufhörst: Dort, wo die Hüfte anfängt, müssen die Falten aufspringen können, denn sonst gibt es diagonale Zugfalten, die bei der Anprobe ein Problem mit der Paßform vortäuschen, wo es keines gibt, bzw. ein tatsächliches Problem überlagern. Du kannst auch die Falten einbügeln, um sie dauerhaft zu markieren, aber sei vorsichtig: Gerade bei Seide kann es sein, daß ein an falscher Stelle zu nachdrücklich eingebügelter Knick nie wieder richtig rausgeht. Noch können wir uns der Faltenbrüche nicht 100% sicher sein. Im Vorderteil, das über die Brust gewölbt ist, können dir Diagonalfalten hineingeraten, wenn Du es flach aufs Bügelbrett legst und drüberfährst. Du hast es schließlich gerade so drapiert, daß es eben nicht flach ist!

Hefte die Seitennähte zusammen, am besten mit den Zugaben nach außen. Das erleichtert das Abstecken. Stecke dann den Oberstoff auf das Futter: Die Oberkante des Rückenteils auf die Oberkante des Rückens, die hintere Mitte und Seitennähte in Oberstoff und Futter zusammentreffend, und die Vorderkante des Oberstoffs an die Vorderkante des Futters. Fang bei der Vorderkante an der Brust an - dieser Punkt ist sicher bestimmbar - und geh von dort aus je nach unten und oben. Zieh das Korsett an und das Manteau über. Achte drauf, daß das Futter im Rücken glatt anliegt, und stecke dann die Vorderkante auf Brust- und Taillenhöhe und evtl. an ein, zwei Stellen dazwischen so fest, wie sie schlußendlich liegen soll: Je nach gewünschtem Stil geschlossen oder mehr oder minder offen. Spätestens jetzt sollte ein Helfer zur Hand sein, aber es geht im Notfall - evtl. mit mehrmaligem ausziehen, umstecken und wieder anziehen - auch ohne.

Prüfe im Spiegel, ob sich irgendwo Quer- oder Diagonalfalten werfen. Bei Diagonalfalten muß an einem der Enden der Falten etwas nachgelassen werden. Wenn z.B. die Falten von Vorderkante Taillenhöhe bis Seitennaht Brusthöhe verlaufen, dann muß auf Brusthöhe die Seitennaht etwas ausgelassen werden, denn an der Vorderkante kann man nichts auslassen. Schau aber nochmal nach, ob nicht die Falten über die Taille hinaus festgeheftet sind (s.o.).

Ist irgendwo Luft zwischen dem Futter (das ja schon früher auf Figur geschneidert wurde, also straff sitzen muß) und dem Oberstoff? Kannst Du von der Seitennaht noch etwas abzwacken, ohne daß es Dir gleich die Vorderkante verzieht oder vormals flachliegende Falten aufstehen? Dann laß es Dir abstecken, bis der Oberstoff wirklich glatt, aber nicht stramm anliegt. Es kann v.a. bei großer Brustweite passieren, daß Du etwa auf Höhe der Unterkante des Armlochs vorn und/oder hinten querlaufende Abnäher einlegen mußt, sofern Du sie nicht dadurch loswerden kannst, daß Du die äußerste Falte nochmal öffnest und ihre Tiefe veränderst. Im Kreuz kann und darf ein wenig Luft sein, weil dort das Gewicht der Schleppe zieht. Wolltest Du diese Luft partout loswerden, indem Du noch mehr Weite wegnimmst, zieht es statt längs eben quer und macht entsprechende Falten. Laß es also.

Sitzt nun alles? Dann kannst du das Manteau jetzt wieder ausziehen, die Seitennähte richtig schließen und die Falten festnähen. Da die Falten, von außen gesehen, frei hängen sollen, muß der innere Faltenbruch so am Futter befestigt werden, daß die Stiche nicht nach außen treten. Leg also das Manteau so hin, daß Oberstoff und Futter glatt aufeinanderliegen, die Faltenbrüche alle von der Mitte weg weisend (bis auf die eine, erste Falte im Rücken natürlich), das Futter nach oben. Fang an der vorderen bzw. hinteren Mitte an: Taste duch das Futter durch nach dem inneren Faltenbruch und stecke eine Nadel so durch, daß sie das Futter und eine Lage Oberstoff durchsticht, aber nicht ganz durchgeht. Das ist nicht ganz leicht; unter Umständen muß man nachher von außen nachkontrollieren und die Nadel sehr vorsichtig umstecken, ohne daß der Stoff verrutscht. Im Endeffekt solltest Du von außen in die ganze Tiefe der Falte hineingreifen können und genau dort, im inneren Faltenbruch, den Oberstoff am Futter festnähen. Mach das für alle Falten.

Wenn nun Vorder- und Rückenteil versorgt sind, kannst Du die Seitenkeile einsetzen. Die gerade, senkrechte Kante wird ans Vorderteil gesetzt, die schräge ans Rückenteil. Ob der Keil gleich oben an der Taille anfängt oder erst weiter unten, am Ende des Taschenschlitzes, ist Deine Sache. In jedem Fall mußt Du an der äußeren Kante des Vorderteils einen Schlitz von ca. 20 cm lassen, dessen Kanten versäubert werden. Da der Rock hinten hochgenommen wird, ist damit zu rechnen, daß die Verbindungsnähte zwischen Keil und Vorder- bzw. Rückenteil nach außen zu liegen kommen. Folglich sind an diesen Stellen Maschinennähte zu vermeiden; als Versäuberung ist die Kappnaht die beste Wahl, weil sie von allen am ordentlichsten und unauffälligsten ist. Wenn sich an der Unterkante Treppen ergeben, irgnoriere sie: Das berichtigen wir später. Schließlich wird in der Seitennaht, auf Höhe der Taille, der im rechten Winkel wegstehende Stoffüberhang so in Falten gelegt, wie man es auch bei der Contouche macht.

 

Teil 6: Ärmel, Saum und Sonstiges