Wie man sich kleidet

Abfolge und Methode beim Anziehen einer Robe des 18. Jahrhunderts

 

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Anstandshalber beginnt die Bildfolge erst in dem Stadium, in dem die Dame bereits Chemise, Haube und Stümpfe trägt. Ohne Haube wäre es doch zu unanständig. ;)

Die überknielangen Strümpfe werden kurz unterhalb des Knies mit Strumpfbändern festgebunden.

Spätestens jetzt muß die Dame auch die Schuhe anziehen, sofern sie nicht wie hier nur Pantoffeln trägt oder eine Zofe hat, die ihr die Schuhschnallen schließt. Sobald sie nämlich die Schnürbrust anhat, wird sie sich kaum gut genug bücken können, um die Schnallen selbst hinzupfriemeln.

Jetzt oder gleich nach dem Anziehen des Korsetts wird der nicht allzu weit geschnittene, wadenlange Anstandsrock umgebunden. Falls ein Wind die oberen Röcke und das Panier hochhebt - was bei großer Weite leicht passieren kann -, wird der Anstandsrock den Anstand wahren. Wir haben ihn hier der Einfachheit halber weggelassen.

Nun wird die Schnürbrust angezogen. Bevor Du sie völlig festzurrst, zieh noch einmal die Chemise darunter gerade, so daß ihr Ausschnitt genau richtig sitzt und nicht zu viel Stoffweite an einer Stelle zusammengeballt ist.

Mehr darüber, wie ein Korsett richtig angezogen und geschnürt wird, steht hier.

Nun werden die Poschen umgebunden - eine kleine Reifrockvariante, die ab ca. 1750 aufkam und gleichzeitig als Taschen diente.

Wird ein richtiges Panier getragen, bindet man zuerst die Taschen um und dann darüber das Panier. Poschen, Taschen und Paniers haben alle ein Taillenband, dessen Enden lang genug sind, um es mit einer Schleife zuzubinden.

Damit die Reifen des Paniers oder der Poschen nicht von außen sichtbar werden, sollten ein oder mehr Unterröcke darübergezogen werden. Dabei kommt es nicht auf die Dicke des Unterrockstoffes an, im Gegenteil: Ein dicker Stoff bringt zusätzliches Gewicht auf die Reifen und wird eher platt herunterhängen und kaum etwas verbergen. Ein dünner, leichter, aber relativ steifer Stoff (z.B. Taft), der sich in viele Falten legt (weil er ebenso weit ist wie der eigentliche Rock, vielleicht sogar weiter), wirkt eher polsternd als ein fließender oder dicker.

Nun ist der eigentliche Rock, die Jupe, an der Reihe. Das Taillenband ist zweiteilig und so lang, daß man die hintere und die vordere Hälfte des Rockes jeweils getrennt umbinden kann. Hier wird zuerst die hintere Hälfte umgebunden...

... und dann die vordere. Dadurch können die beiden Rockhälften überlappen, so daß der Rock problemlos "durch dick und dünn" paßt. Da die vordere Rockhälfte über der hinteren liegt, kann man trotz einer eventuellen Überlappung leicht von hinten in die Taschenschlitze greifen.

Dann wird der Stecker vorn auf dem Korsett befestigt. Der Name sagt es schon: Er wird festgesteckt. Mit Stecknadeln, die durch die seitlich am Stecker angebrachten Laschen geführt werden.

Es wird oft gefragt, ob das nicht recht gefährlich sei, wegen Verletzungsgefahr. Nun, beim Einstecken der Nadeln muß man schon aufpassen, daß man sie von oben nach unten flach einsticht, ohne irgendwelche Weichteile zu treffen, und die Spitze dann wieder nach außen führt. Bei einer vollversteiften Schnürbrust ergibt sich das fast von selbst: Die Wahrscheinlichkeit, daß man genau zwischen zwei Stäben hindurch bis in die Haut sticht, ist sehr gering. Daß eine Nadel nach innen in den Körper sticht, habe ich noch nicht erlebt.

Nun wird die Robe wie ein Mantel übergezogen. Die Vorderkanten werden auf den Stecker gelegt und dort festgesteckt. Zu diesem Behufe klappt man die Falten, die die Vorderkante verdecken, beiseite und bringt die Stecknadeln darunter an, so nah an der Vorderkante wie möglich.

Auch diese Nadeln sind nicht gefährlich, wenn man sie von oben nach unten flach einsticht - gerade so, daß sie durch den Stecker gehen - und die Spitze wieder nach oben führt. Wenn möglich, sollte man die Spitze danach noch einmal ganz flach nach innen führen, denn man verletzt sich eher an einer außen wegstehenden Spitze, die man bei einer Armgeste streifen könnte, als an einer nach innen geführten: Die Schnürbrust schützt nach innen.

Eine Frau aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen trägt statt der Robe im Alltag eher eine Jacke, die eine Kurzversion der Robe sein kann und ebenso angelegt wird. Im deutschsprachigen Raum finden sich aber eher geschnürte oder geknöpfte Jacken, die je nach Geschmack und Vermögen mit Poschen oder nur mit einem Weiberspeck kombiniert werden.

Im Fall eine Robe à la française muß der figurnahe Sitz der Robe sichergestellt werden, indem der Rücken der Robe hochgeschlagen wird. Die Zofe zieht die Zugbänder hier stramm.

Bei einer Robe à l'anlgaise oder Polonaise ist das unnötig, ja unmöglich, da sie im Rücken sowieso schon eng anliegen. Diese beiden Kleidformen sind dementsprechend nicht so variabel in der Größe.

Nun noch ein Fichu im Ausschnitt, und die Dame ist fertig angezogen. Für Besorgungen außer Haus legt sie eventuell noch ein Mantelet oder eine Plisse aus schwarzem Taffet um.

Und wenn es richtig kalt ist? Dafür habe ich bisher noch keine zeitgenössischen Quellen gefunden, aber ich vermute, daß es Mantelets und Plisses nicht nur aus Seidentaft gab, sondern auch aus Wolle und/oder mit Pelzfutter, sowie für das einfache Volk gewebte oder gestrickte dreieckige Umlegetücher.

Für höhere gesellschaftliche Anlässe läßt sie Fichu und Haube weg, läßt sich dafür einer elegante Frisur machen, und natürlich trägt sie statt dieser Robe aus Baumwollchintz eine seidene.

 

Dank an Dorothea fürs Modellstehen und an Sonja für die Leihgabe einiger Kleidungsstücke.