Das Mieder


Das hier beschriebene Mieder ist ein Flohmarktfund, sicherlich älter als 1920, wegen der Stäbe aus echtem Fischbein aber wohl eher Mitte bis Ende des 19. Jh. Es könnte ebensogut aus München wie aus anderen Regionen Oberbayerns oder des südlichen Niederbayerns sein, da sich die Mieder dieser Regionen im 19. Jh. sehr ähnlich sind. Das Material ist schwarze Altlasseide, bestickt mit dickem schwarzem Seidengarn (im Aussehen ähnlich wie Knopflochseide) über Kartonunterlagen, darunter eine Schicht geleimter Rupfen bzw. Jute und ein Futter aus gechinzter Baumwolle oder Baumwollsatin, in Nato-Oliv.

Diese beiden Bilder zeigen die Innsenseite, rechts und links. Die weißen Fäden halten die Geschnürhaken. Die Fischbeinversteifung drückt sich durch das Futter. Auf der rechten Seite, entlang der vorderen Mitte, sitzen Messinghaken am äußersten Rand, zwischen Futter und Oberstoff befestigt, denen links kurze Ketten gegenüberstehen. Die Ketten sind ebenfalls in der vorderen Mitte befestigt, werden aber von einem breiten Übertritt verborgen, so daß es auf den ersten Blick aussieht, als ob sie zurückgesetzt seien.

Die Außenseite (links, rechts) zeigt, wie der untere Rand mit einem Streifen des Futters versäubert ist. Dabei wurde nicht das Futter nach außen umgeschlagen, sondern ein Streifen des Materials später aufgestzt. Der obere Rand ist mit einem schmalen, im Zickzack gelegten Taftband versäubert. Das Futter wurde erst nach Anbringung dieses Taftbandes mit untergeschlagener Kante aufgesetzt. Der linke Rand der Vorderkante (also des sichtbaren Übertritts) wurde mit dem gleichen Taftband versäubert, wärend rechts Oberstoff und Futter gegeneinandergeschlagen und mit überwendlichen Stichen direkt an der Kante zusammengenäht wurden. Auf beiden Seiten sitzen sechs silberne Geschnürhaken dicht nebeneinander in nach oben auswärts führenden Kurven, in der hinteren Mitte dazu passend ein einzelner, nach unten schauender Haken in Form eines Blumenkorbes.

Eine Detailaufnahme des Rückenteils zeigt fächerförmige, florale Stickerei, die von einem breiten Stickereiband begrenzt wird, das sich von der vorderen Seite bis zum hinteren Ansatzpunkt der Träger zieht. Der Fächer wird von parallelen Doppelreihen von Fischbein begrenzt. Beiderseits der hinteren Mitte sind Fischbeinstäbe von ca. 5 mm Breite eingesetzt, die von einem Streifen in Hexenstich bedeckt werden. Am Haken am unteren Ende wurde der Rock befestigt, damit das Mieder nicht unter dem Rockbund herausrutschte, wenn die Trägerin die Arme hob. Er stellt eine Korb mit 3 Blumen und 3 Ähren dar. Fast alle Rockhaken ab dem Biedermeier sind in Form eines Blumenkorbes gearbeitet.

Die rechte Vorderseite im Detail zeigt die Stickerei von stilisierten Blumen (Rosen?) zwischen je drei Reihen in Vorstich, die jeweils zwei Tunnel bilden. Darunter liegen noch zwei schräge Tunnel. Alle Tunnel sind mit runden, ca. 1,5 mm dicken Fischbeinstäben versteift und in Rückstichen ausgeführt, während die breiten Fischbeinstäbe in der hinteren und vorderen Mitte breit und im Querschnitt rechteckig sind.

Und schließlich noch eine Detailaufnahme von zwei Geschnürhaken, die zeigt, daß irgendwann wohl einer davon verloren oder kaputt ging und durch einen nicht ganz dazu passenden ersetzt werden mußte. Alle anderen Haken entsprechen dem Design des rechten.

Scan des Stickmusters am Rücken

Schnittdiagramm

Erklärungen zum Schittdiagramm: