Kostümbücher: Allgemeine Kostümgeschichte

Ich habe das Buch in der Bücherei gewälzt - schade, daß es nicht entleihbar war. Es ist voller wunderbarer Gemälde zum Thema Kleidung, die man sonst selten in der Dichte zu sehen bekommt - meistens wiederholt sich der Kanon ja irgendwann. Nicht zu verwechseln mit Ribeiro's Buch mit ähnlichem Titel.

Boehn, Max von. Die Mode

Wie alles von Boehn: inhaltlich teilweise falsch, teilweise überholt. Wenn man ein Boehn-Buch billig hinterhergeschmissen bekommt, kann man es mal mitnehmen, aber nur dann.

Ein klassischer Rundumschlag quer durch die Epochen; von der Menge der Bilder und der Information her einer der besten. Schwerpunkt ist französische und englische Mode, aber auch Schweden ist erstaunlich gut vertreten, und der Rest Europas - nun ja, bei dem Anspruch, 20 Jahrtausende abzudecken (m.E. etwas hochgegriffen), muß ja irgendwas zu kurz kommen.

Tolle Skizzen von Details erhaltener Gewänder (auch solche, die man schon aus Arnold und Waugh kennt), wie der eifrige Forscher sie machen würde, wenn er denn all die Museen besuchen könnte. Wer die Zeit und das Geld dafür nicht hat, kauft halt dieses Buch. Ärgerlich ist nur, daß irgendwie meistens genau das Detail, an dem man gerade interessiert ist, übergangen wird. Murphy's Law. Aber ist das mit den eigenen Skizzen, ein halbes Jahr später betrachtet, nicht genauso?

Nachdruck des bekannten "Münchner Bilderbogens" aus dem späten 19. Jh., in dem Kostüme seit der Pharaonenzeit (Europa & Mittelmeerraum) sowie Trachten aus aller Welt (Stand 19. Jh.) abgebildet sind. Mit ein paar Ausnahmen sind die Darstellungen ziemlich korrekt, aber durch die geographische und temporale Breite fallen einige Variationen unter den Tisch.

Zum reinsetzen! Ein herrlicher Band über all jene kleinen und großen Helferlein, mit denen Frauen seit der Antike ihren Körper dem herrschenden Schönheitsideal anzupassen suchten: Brustbänder, Schnürleiber, Korsetts, BHs. Dieses Buch sollten alle lesen, die Korsetts für reine Folterinstrumente halten, sowie alle dienjenigen, die Korsetts total geil finden. Und natürlich all jene, die wissen möchten, wie sich das Schönheitsideal über die Jahrhunderte wandelte und was Frauen alles ertrugen, um ihm zu entsprechen.

Das beste mir bekannte Buch zum Thema Unterwäsche. Auf knapp 400 Seiten finden sich viele gute Abbildungen und Artikel zu Themen, die sonst eher übergangen werden. Der Text ist wissenschaftlich, d.h. durch Originalquellen mit vielen direkten Zitaten gut belegt, aber durchaus nicht trocken - im Gegenteil, man kann sich kaum losreißen. Leider nur noch antiquarisch zu haben.

Wer "Revolution of Fashion (siehe unter Rokoko) nicht erwischt hat, bevor es ausverkauft war, kann sich freuen: Jetzt gibt es für 33% mehr Geld 66% Jahrhunderte mehr. Für 1715-1815 scheinen fast alle Fotos aus dem anderen Buch drin zu sein, und noch ein paar mehr. Alles sehr schön fotografiert, mit Detailfotos und natürlich erkärendem Text. Im Anhang Designer-Viten und Glossar. Dieses Buch ist sein Geld zweimal wert!

Ein weiteres Buch aus der "Fashion in Detail"-Reihe des Victoria & Albert Museums, die schon quasi Kult sind. Ein Punkt Abzug, weil moderner (d.h. nach 1950) und Designerkram zu viel Raum einnehmen.

Da das V&A keinen Katalog hat, ist dieses Buch die nächstbeste Möglichkeit, eine der wichtigsten Kostümsammlungen der Welt daheim zu haben.

Katalog zu einer Ausstellung des Los Angeles County Museum of Art anläßlich der Acquise der Sammlung Kamer/Ruf (enthält aber auch Stücke, die nicht zu dieser Sammlung gehören.) Der Titelzusatz "in Detail" spricht Bände: In Format und Aufmachung ähnelt dieses Buch der "Costume in Detail"-Reihe des Victoria & Albert Museum, bietet aber anders als jene keine Zeichnung des gesamten Kleidungsstücks. Dafür sind die Detailfotos noch detaillierter - aber leider gibt es sie nicht für jedes Stück. Auf jeden Fall ein echter Kostümerporno: Wem bei diesen Bildern keiner abgeht, ist entweder kein Kostümer oder tot.. Wer noch mehr von der Sammlung Kamer/Ruf sehen will, suche auf der Quellenseite nach dem Stichwort "Kamer".

Wer gehofft hat, in einem Buch deutscher Provenienz auch mal was über deutsche Kostüme zu finden, wird enttäuscht. Dieses Buch bietet in etwa das, was Boucher (weiter oben) auch bietet. Die Texte sind inzwischen weit überholt. Es hat genau drei Vorteile gegenüber Boucher:
1. strapaziert es nicht die Englischkenntnisse,
2. bringt es eine Menge Bilder aus osteuropäischen Sammlungen, die man in "westlichen" Büchern (die sich irgenwann wiederholen) nicht findet,
3. ist der Teil 1950er bis 70er auf die DDR fokussiert, was wohl eher selten ist.

Ein Überblick über all jene Gewänder, die von den meisten Büchern zum Thema Mode außer Acht gelassen werden. Es geht vom Mittelalter bis zu den 1930ern, übersichtlich in Kapiteln angeordnet. Die Bilder sind nur schwarzweiß, aber in Sachen Unterwäsche gibt es kaum Alternativen zu diesem Buch - außer eben Junker/Stille.

Arnold, Janet. Queen Elizabeth's Wardrobe Unlock'd

Kleidungsstücke und Accessoires aus dem Besitz von Königin Elizabeth I.

Der Titel lügt: Es geht nur um die Jahre 1778-1787, also ein winziger Ausschnitt. Ausschließlich Illustrationen (entnommen aus zeitgenössischen Zeitschriften) mit den originalen französischen Untertiteln.

Delpierre, Madeleine. Dress in France in the 18th century

Überblick über das 18. Jahrhundert - natürlich nur in Frankreich - teilweise etwas zu wenig detailliert für meinen Geschmack (Ha! Als ob man es mir recht machen könnte!), dafür sind aber auch die unteren Klassen berücksichtigt.

Ein Buch, das sich viele Kostümhistoriker lange gewünscht haben: Voller Detailaufnahmen von Beständen des V&A - näher, als der Normalsterbliche die Gewänder je wird untersuchen können. Ein echtes Muß für jeden, der sich fürs 17. und 18. Jh. interessiert.

Ein großer Pluspunkt dieses Buches besteht in den vielen Bildern, die man noch nirgendwo sonst gesehen hat oder die man noch nie so (im Detail) gesehen hat.

Es geht um die Mode, wie sie in der Kunst dargestellt wurde... und wie sich die Mode in der Kunst darstellte. Dabei wird einerseits "normale" Kleidung betrachtet, andererseits Phantasiekostüme, wie man sie oft in Portraits der Zeit sieht.

Im späten 18. und frühen 19. Jh. klebte eine Dame Modebilder und Stoffproben in ein altes Bilanzbuch und vermerkte dabei, wofür sie den Stoff verwenden würde, wieviel sie bräuchte und was das kostet. Das Buch hist nicht ganz billig, liefert aber sehr wertvolle Erkenntnisse, die weder Gemälde noch Museen ersetzen können.

Der zweite Band aus der "Fashion in Detail"-Reihe. Ein Augenschmaus.

Schnitte und Anleitungen aus Modezeitschriften von 1900-1906. Lavolta Press ist ein winziges Verlagshaus, das auf Kostümkunde spezialisiert ist - dafür hat es unser aller Unterstützung verdient.