Die Herstellung einer Contouche

Teil 2: Der Schnitt

 

Ursprünglich hatte ich hier einen anderen Schnitt, aber der war etwas komplizierter und zeitlich begrenzter: Jener war für 1760-70 geeignet, dieser für ca. 1750 (und, mit gewissen Anpassungen, für 1730-60 - siehe Schnittvariationen). Den "alten" Schnitt gibt es natürlich auch noch, und zwar hier.

Kleid vorn
Kleid hinten
Ärmel
Ärmelvolants
hint. Oberteil Futter
vord. Oberteil Futter

Falls die Schnitteile auf Deinem Monitor zu klein erscheinen, so daß man kaum etwas erkennen kann, laß Dich nicht beirren: Ausgedruckt sehen sie meistens sehr viel besser aus.

Für den Oberstoff ist ist nur der obere Teil angegeben. Am Dreifachpfeil müssen die Teile geradeaus verlängert werden. Um wieviel jeweils, steht weiter hinten in der Anleitung.

Der Schnitt paßt für eine Körpergröße von 160-165 und Taillenweite 75-90.

Warum die große Variation? Das liegt an der Konstruktionsmethode. Wenn Du die verstanden hast, hast Du die halbe Miete. Vor allem wirst Du dann auch nicht die genauen Maßangaben vermissen, die zu geben ich mich weigere, damit Du nicht vor lauter sklavischem Nachmessen deinen eigenen Sinn für Proportion untergräbst. Ich verwende gern Finger- und Handbreiten, da kleine Leute meist auch kleine Gliedmaßen haben, so daß die Proportionen gewahrt bleiben.

Der Punkt ist dieser: Anders, als man das von modernen Schnitten gewöhnt ist, wird nicht genau eine Größe ausgeschnitten, zusammengenäht und es paßt - das kann man mit den modernen, lose sitzenden Klamotten machen, aber nicht mit etwas, das möglichst faltenlos auf Figur sitzen muß. Das kommt mir sehr entgegen, da ich unmöglich Schnitte für verschiedene Größen anbieten kann. Wie das gehen soll, ungenaue Maße ausgerechnet dann, wenn es auf Figur sitzen soll? Nun, die Anpassung machst Du selber, und zwar durch drapieren. Deshalb ist eine Schneiderpuppe bzw. zweite Person auch so wichtig.

Erfahrungsgemäß ist das für Anfänger, die noch nie drapiert haben und die genauen Schnitte von Burda & Co. gewöhnt sind, anfangs recht frustrierend. Meine "Schüler" fragen mich immer: "Wie breit muß ich das und das machen?" und ich antworte: "So breit, wie Du meinst." Statt Freude über diese Freiheit höre ich darauf nur Stöhnen. Tröstet Euch: Mir ging's am Anfang ähnlich. Die erste Contouche ist immer ein Kampf, aber bei der zweiten schon wird es flutschen. Inzwischen ziehe ich das Drapieren sogar vor: Wenn man mal den Bogen raus hat, macht es richtig Spaß.

Das A und O ist das Futter, das über dem Korsett glatt anliegt. Die Schnitteile hier sind nur Anfangshilfen - wie Du sie richtig hinkriegst, steht auf der nächsten Seite. Wenn Du so ein gut sitzendes Futter hast, kannst Du dessen Schnitt für jede andere Robe verwenden, von 1680 bis 1780, für Manteaux, Françaises, Anglaises und Polonaises, weil darunter immer das gleiche Korsett sitzt und folglich die Figur immer die gleiche ist. Auf dieses Grundgerüst montierst Du das Kleid. Egal, wie viel Stoff Du im Rücken hast: Du justierst so lang die Falten, daß am Ende das Rückenteil so breit ist wie das Futter. Dito das Vorderteil. Würdest Du aus einer fertigen Robe das Futter herausnehmen, bliebe nur ein formloser Haufen Stoff zurück.

Daraus ergibt sich, daß das Futter natürlich nicht für alle oben angegebenen Weiten paßt, der Oberstoff aber wohl: Du machst einfach nur die Falten tiefer oder flacher. Totzdem: Gib, wenn Du der Obergrenze der o.a. Weite näher bist, sicherheitshalber ordentlich Nahtzugabe an der Seitennaht und vergiß nicht, auch am Armausschnitt entsprechend zuzugeben - wenn Du die Seitennaht ausläßt, wird ja auch der Armausschnitt größer, und dann ist möglicherweise die Ärmelkugel zu klein dafür. Vergleiche auch den Ärmelumfang mit Deinem Oberarmumfang und bedenke, daß noch eine Chemise darunterpassen muß. Wenn Du den Ärmel entlang der Längsnaht enger machst, denk daran, daß dann auch der Armausschnitt entsprechend kleiner sein muß - also auch viel Nahtzugabe am Armausschnitt lassen! Weiter geht es allemal.

Okay, eine Ausnahme gibt es, wo der Oberstoff nicht einfach so paßt: Wenn nämlich Deine Taille relativ kurz ist, also weiter oben liegt. Die Stellen, wo die Kleidteile von der Taille aus waagerecht weiter werden, müssen dann weiter nach oben rücken. Gib oben an der Waagerechten 5 cm oder etwas mehr zu, dann bist Du auf der sicheren Seite. Überhaupt sollte man an jener Kante mindestens 3 cm zugeben, damit man die Seitenfalten vernünftig legen kann.

Die senkrechten Linien des Schnittes liegen fadengerade. Steifenmuster verlaufen senkrecht, im Ärmel und den Armaufschlägen bzw. Volants aber fast immer quer. Achtung: Das eigentliche Schneiden kommt erst im übernächsten Kapitel!

Nächster Schritt: Das Futter